Ob Großeltern, Verwandte oder auch zugewandte Freund:innen der Eltern eine betreuende Rolle im Leben des Kindes spielen können und die Eltern damit entlasten, hat mit mehreren Faktoren zu tun. Wohnen sie so nah, dass es eine Regelmäßigkeit geben kann? Verstehen sich die Eltern mit ihnen so gut, dass es nicht zu innerfamiliären Konflikten durch die Betreuung kommt? Also besteht ein gutes Vertrauensverhältnis, eine grundsätzlich ähnliche Haltung im Umgang mit dem Kind und natürlich auch die Bereitschaft “des Dorfes”, seinen Betreuungsanteil zu leisten und damit die nächste Generation mitzuprägen?  

Der Vorteil für das Kind ist, dass es die Möglichkeit hat, sich an Menschen zu gewöhnen und zu orientieren, die ganz natürlich in seiner Umgebung leben und es damit potentiell für einen viel längeren Zeitraum begleiten können, als Betreuer:innen in einer zeitlich begrenzten Krippenzeit. Die Verbindung kann sich über die Jahre weiter vertiefen und reißt nicht schlagartig mit dem Wechsel in die nächste Betreuungsstufe ab. Die Vertrauensbasis schöpft sich aus frühen Interaktionen und schon Säuglinge zeigen ein Gespür für das Verhältnis der eigenen Eltern zu anderen Personen.

Zu Oma, Opa, Tanten, Onkel, Großcousinen, Nachbarsfamilien oder anderen vertrauten Personen der Eltern knüpft das Kind im Laufe seiner Lebensmonate ein enger werdendes Band. Aber auch hier sollte die Zeit der Abwesenheit der Eltern bewusst gewählt werden. Und auch hier gilt: Sind nahestehende Personen für mich als Mutter oder Vater wirklich Vertrauenspersonen?

Warum wir hier das Bild des Dorfes WIRKLICH passend finden: Das Dorf lebt mit dem Kind. Das Kind lebt im Dorf. Es wird nicht in ein benachbartes, ihm zunächst völlig unbekanntes Dorf gebracht, um sich dann in wenigen Tagen oder Wochen „zu gewöhnen“, sondern es lernt die Dorfmitglieder ganz natürlich schon früher kennen und vor allem in einem nahen Verhältnis zu seinen engsten Bindungspersonen stehend. Diese Dorfmitglieder entlasten die Eltern in ihrer Funktion der Hauptbezugsperson für das Kind. Aber ja: Großeltern, Verwandte und vertrauensvolle Freund:innen haben, die sich als Unterstützung einbringen, ist ein Privileg, das viele Eltern nicht haben.