„Neue Männer braucht das Land“ sang 1982 die Westberliner Liedermacherin Ina Deter. 40 Jahre später können wir sagen: Neue Väter hat das Land!

Diese neuen Väter, wie sie die Sozialwissenschaft nennt, die sich für den Familienalltag wie kochen, waschen, saubermachen, Hausaufgaben, spielen, Streit schlichten, trösten, einkaufen genauso verantwortlich fühlen wie die Mütter, sind quer durch alle sozialen Schichten und Bildungsgrade in diese Aufgabe ganz selbstverständlich eingestiegen. Dennoch bewegt sich die Debatte um die Pflege und die Erziehungsarbeit für die Kleinstkinder immer noch zwischen den Polen `Mutti erzieht` oder `institutionelle Erziehung durch Krippe oder Tagesmutter‘. 

Denn es gibt noch zu wenige dieser neuen Väter. Ein Grund dafür ist, dass strukturelle Hindernisse bestehen. Zwar wird das Ansehen des Vaters innerhalb der Familie nicht mehr allein durch sein Einkommen gestärkt, sondern auch durch seine Fähigkeiten zu kommunizieren, zu vermitteln, mitzuarbeiten im Alltag, neue Ideen einzubringen, kurzum eine ernstzunehmende alternative Beziehung zur Mutter einzubringen. Aber die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen im Beruf, die zwar bekannt ist, aber nicht geändert wird, so dass viele Männer quasi „automatisch“ zum Hauptverdiener der Familie werden, bringt viele Familien dazu, die familiäre Fürsorgearbeit ungleich zu verteilen. Außerdem gibt es weniger arbeitsrechtlichen Schutz für die Vaterschaft. Gesellschaftliche Normen machen es Vätern besonders schwer, an ihren Arbeitsstellen die nötige Flexibilität durchzusetzen und Karriereschutz zu sichern. Gerade in Bezug auf Karriereschutz sitzen sie aber mit ihren Partnerinnen im gleichen Boot.

Sicherlich sind die Mütter durch Schwangerschaft, Geburt und Stillen anfangs enger mit ihren Kindern verbunden. Aber beim Aufbau sicherer Bindung kommt es vor allem auf die Fähigkeit an, die Bedürfnisse der Kinder empathisch zu beantworten. Deshalb können Väter über genauso gute, im Einzelfall sogar bessere Fürsorgequalitäten verfügen. Normalerweise entwickelt ein Kind sehr früh auch an den Vater eine enge Bindung und lernt seine Art der Fürsorglichkeit kennen. Das ist eine große Bereicherung, und so wird er der wichtigste Helfer bei den ersten Trennungsschritten des Kindes von der Mutter. Dabei werden Väter ihren Beitrag anders gestalten, weil sie keine zweite Mutter-Frau, sondern ein Vater-Mann sind.

Mit unserem Einsatz für die Beteiligung der Väter erweitern wir die Sicht von der Dyade „Mutter – Kind“ zur Triade „Mutter – Kind(er) – Vater“. Sie eröffnet neue Perspektiven und Spielräume für alle. Sie wird dritte Position genannt.

Auch der arbeitsrechtliche Schutz der Mutterschaft und entsprechende gesellschaftliche Normen mussten erst erkämpft werden – jetzt ist es an der Zeit, gesellschaftliche und arbeitsrechtliche Normen zum Schutz der frühen Vaterschaft zu fordern. Wenig trägt mehr zu ihrer eigenen Entlastung bei, als wenn sich auch die Frauenverbände den Schutz der Vaterschaft, finanzielle und soziale Anreize für Väter auf ihre Fahnen schreiben. Die Gesellschaft für frühkindliche Bindung ist dabei!